Im Zuge der Digitalisierung wird es nun für Aktiengesellschaften im Rahmen von sogenannten Security Token Offerings („STO“) möglich, bspw. Aktien oder Partizipationsscheine in Form eines Tokens digital herauszugeben, was eine vereinfachte Handelbarkeit ihrer Beteiligungen bedeutet.
In Zeiten der Digitalisierung wächst das Bedürfnis, immer mehr Rechtsgeschäfte rein digital abzuwickeln – auch im Bereich der Beschaffung und Abwicklung von Finanzierungen oder aktienrechtlicher Vorgänge. Im Rahmen von sogenannten Security Token Offerings („STO“) können Aktiengesellschaften beispielsweise Aktien oder Partizipationsscheine in Form von Tokens digital herausgeben und ermöglichen dadurch die vereinfachte Handelbarkeit ihrer Beteiligungen. Dabei muss sichergestellt werden, dass neben der digitalen Übertragung der Token auch die Aktienrechte gültig übertragen werden.
Gemäss Art. 965 des Schweizerischen Obligationenrechts („OR“) ist ein Wertpapier jede Urkunde, mit der ein Recht derart verknüpft ist, dass es ohne die Urkunde weder geltend gemacht noch übertragen werden kann. Verbriefte Aktien in der Form von Wertpapieren sind in der Regel physisch existierende Papiere in Form einer Urkunde. Wertrechte im Sinne von Art. 973c OR sind demgegenüber entmaterialisierte, unverbriefte Wertpapiere, ihnen fehlt also jedwede Körperlichkeit. Einer Aktiengesellschaft steht es frei, in welcher Form (verbrieft oder unverbrieft) sie ihre Aktien herausgeben möchte. Die Herausgabe von Wertrechten bedarf einer entsprechenden statuarische Regelung. Digitale Aktien werden grundsätzlich als Wertrechte ausgegeben. Das liegt vor allem daran, dass der Einsatz von physischen Papieren in digitalen Ökosystemen systemfremd erscheint.
Jede Aktiengesellschaft mit Namenaktien ist gesetzlich verpflichtet, ein Aktienbuch über die Inhaber der von ihr ausgegebenen Aktien zu führen. Spätestens wenn eine Aktiengesellschaft verkauft wird, stellt sich die Frage, ob die Einträge im Aktienbuch (noch) aktuell und korrekt sind. Im Rahmen einer rechtlichen Due Diligence wird der Käufer darauf bestehen, das Eigentum an den Aktien zu verifizieren. Hierbei muss die Gesellschaft in der Lage sein, für jede Aktie eine lückenlose Eigentümerkette ab Gründung nachzuweisen. In der Praxis zeigt sich jedoch allzu oft, dass Aktien oftmals nicht rechtsgültig übertragen werden und infolgedessen Aktienbücher nicht korrekt bzw. aktualisiert sind und damit keine lückenlose Eigentumskette nachgewiesen werden kann.
Sollen Aktien übertragen werden, muss zunächst geklärt werden, (i) um welche Aktienart es sich handelt und (ii) in welcher Form sie ausgegeben wurden. Aktien können als Inhaberaktien oder Namenaktien ausgestaltet sein. Beide Arten von Aktien können entweder in verbriefter oder unverbriefter Form ausgegeben werden. Die Verbriefung erfolgt bspw. in einem Aktientitel oder in Aktienzertifikaten. In unverbriefter Form können Aktien beispielsweise als Wertrechte ausgegeben werden. Wertrechte entstehen nach Eintragung in ein (konstitutives) Wertrechtebuch (Art. 973c OR), zudem bedarf es in der Regel einer statutarischen Grundlage für deren Entstehung (Art. 973c Abs. 1 und 2 OR).
Wertrechte werden durch Zession übertragen (Art. 973c Abs. 4 OR). Zu ihrer Gültigkeit bedarf das Verpflichtungsgeschäft der (hand-) schriftlichen Unterzeichnung des Abtretenden (Art. 165 Abs. 1 und Art. 973c Abs. 4 OR). Neben der handschriftlichen Unterschrift kann das Schriftformerfordernis alternativ durch eine qualifizierte elektronische Signatur (QES) ersetzt werden. Werden diese Anforderungen bei der Übertragung von Aktien nicht eingehalten, wird der Käufer nicht rechtsgültig Eigentümer. Eine Eintragung ins Aktienbuch des Käufers mag diesen Mangel nicht zu heilen, da Einträge ins Aktienbuch nur deklaratorischer Natur sind und kein Eigentum an der Aktie verschaffen können.
Auf daura registrierte Aktiengesellschaften können seit Februar 2019 Wertrechte nicht nur in digitaler, sondern auch "tokenisierter" Form ausgeben. Wertrechte werden dabei durch kryptografische Token auf einer Blockchain repräsentiert und erfüllen funktional einen Wertrechtsinhabernachweis. Durch Umbuchung dieser Token können Wertrechte ganz einfach und formfrei weltweit zwischen registrierten Plattformnutzern übertragen werden. Statt mit Zession kann über eine Forderung, bspw. eine als Wertrecht ausgegebene Aktie, durch vertragliche Vereinbarung zwischen allen involvierten Parteien, also zwischen dem alten Gläubiger (verkaufender Aktionär), dem neuen Gläubiger (erwerbender Aktionär) und dem Schuldner, verfügt werden. Man spricht von einer tripartiten Übertragungsvereinbarung.
Gemäss den Juristen, die hinter dem Rechtskonzept der daura-Plattformlösung stehen, muss aufgrund juristischer Deduktion nicht nur über Forderungen, sondern analog auch über Wertrechte formfrei durch Vereinbarung unter allen beteiligten Rechtssubjekten verfügt werden können. Durch Umbuchung der kryptografischen Token auf der Blockchain-Infrastruktur werden also synchron die durch die Token repräsentierten Wertechte von einem auf einen anderen Plattform-Nutzer übertragen. Sämtliche Plattform-Nutzer stimmen der formlosen Übertragung von Wertrechten im Rahmen des Onboardings generell, sowie bei jeder Transaktion im Konkreten erneut zu. Die Buchung auf der Blockchain führt automatisch zu einem neuen Eintrag im Aktienbuch, da das Aktienbuch direkt auf der Blockchain geführt wird. Aktiengesellschaften wird dadurch das administrative Leben erheblich vereinfacht, da die einzelnen Einträge nicht mehr manuell erfasst bzw. nachgeführt werden müssen.
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 22. März 2019 die Vernehmlassung zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register eröffnet. Er will damit die Rechtssicherheit erhöhen, Hürden für auf Distributed Ledger Technologie («DLT») basierte Anwendungen beseitigen und Missbrauchsrisiken begrenzen.
Im OR soll die Möglichkeit einer elektronischen Registrierung von Rechten geschaffen werden, welche die Funktionen von Wertpapieren gewährleisten kann. Damit soll die Rechtssicherheit bei der Übertragung von DLT-basierten Vermögenswerten erhöht werden. Voraussetzung ist, dass die Rechte in einem verteilten elektronischen Register, welches auf der DLT basiert und bestimmten Anforderungen genügt, abgebildet werden und die Parteien, welche durch das Recht berechtigt und verpflichtet werden, dieser Registrierung zugestimmt haben. Ist dies der Fall, übernimmt das Register diejenigen Funktionen, welche traditionellerweise von Wertpapieren erfüllt worden sind. «DLT-Wertrechte» sollen sodann ohne Schriftformerfordernis übertragen werden können.