Gemäss zwei kürzlich veröffentlichten Urteilen des Bundesgerichts genügt eine Zugangssperre mittels Geo-Blocking nicht, um von der Sperrliste gelöscht zu werden.
1. Rechtliche Situation
Gemäss Art. 86 Abs. 1 und 2 BGS wird der Zugang zu online durchgeführten Geld-spielen, die in der Schweiz nicht bewilligt sind, gesperrt, sofern, deren Veranstalterinnen ihren Sitz oder Wohnsitz im Ausland haben oder ihn verschleiern und die von der Schweiz aus zugänglich sind. Diese Sperrlisten werden jeweils von der ESBK und der GESPA veröffentlicht.
Veranstalterinnen, welche auf einer solchen Liste aufgeführt werden, können gemäss Art. 87 Abs. 2 BGS bei der verfügenden Behörde innert 30 Tagen ab der Veröffentlichung schriftlich Einsprache gegen die Sperrung erheben. Einsprache kann namentlich erhoben werden, wenn die Veranstalterin das betroffene Angebot aufgehoben oder den Zugang dazu in der Schweiz mit geeigneten technischen Massnahmen unterbunden hat.
Bis anhin war umstritten, was unter einer «geeigneten technischen Massnahme» rechtlich zu verstehen ist. Die Botschaft zum BGS nennt als «geeignete technische Massnahme» unter anderem die Verwendung eines reinen Geoblocking-Systems oder alternativ ein System, welches dafür sorgt, dass sich in der Schweiz wohnhafte Spielerinnen und Spieler nicht registrieren können (Botschaft zum BGS, BBl 2015 8476).
2. Ergangene Bundesgerichtsentscheide
Ausgangspunkt für die beiden bundesgerichtlichen Verfahren waren sich zwei wider-sprechende Urteile zweier Vorinstanzen: Das Geldspielgericht (Beschwerdeinstanz für Verfahren bei der GESPA) vertrat in einem Urteil vom 15. Februar 2021 (Ge-schäfts-Nr. 23-20) die Ansicht, dass ein reines Geo-Blocking gestützt auf die Ausfüh-rungen in der Botschaft zum BGS genügend seien, um von der Sperrliste gelöscht zu werden. Dieser Entscheid wurde nicht an das Bundesgericht weitergezogen.
Das Bundesverwaltungsgericht (Beschwerdeinstanz bei der ESBK) vertrat in zwei anderen Urteilen vom 30. November 2021 (B-439/2020 und B-520/2020) hingegen die Ansicht, dass ein reines Geo-Blocking nicht genüge, um von der Sperrliste gelöscht zu werden. Das Bundesverwaltungsgericht führte aus, dass entgegen der Bot-schaft zum BGS Geo-Blocking keine «geeignete technische Massnahme» zur Verhinderung des Zugangs aus der Schweiz darstelle, da mittels einer VPN-Verbindung das Geo-Blocking umgangen werden und illegale Spiele trotzdem gespielt werden können. Diese beiden Entscheide wurden mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten.
In den beiden Urteilen des Bundesgerichts vom 30. Januar 2023 (2C_87/2022 und 2C_90/2022) wurde die vorinstanzliche Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts geschützt. Gemäss Ansicht des Bundesgerichts sei – entgegen dem Wortlaut der Botschaft – ein reines Geo-Blocking keine «geeignete technische Massnahme», da die Schutzziele des Gesetzes nur erreicht werden, wenn der Zugang zu unbewilligten ausländischen Spielen wirksam und effizient unterbunden werde. Dies könne nur durch ein System erreicht werden, welches dafür sorgt, dass sich in der Schweiz wohnhafte Spielerinnen und Spieler effektiv nicht registrieren können (durch aktive Kontrolle des Wohnsitzes des Spielers durch entsprechenden Nachweis). Nur so würden Spielerinnen und Spieler in der Schweiz zu legalen und hier überwachten An-geboten hingeführt und vor exzessivem Spiel sowie vor anderen spielbezogenen Gefahren geschützt werden.
Vor diesem Hintergrund müssen nun Veranstalterinnen in der Schweiz nicht lizenzierter Online-Spielangebote ein System vorsehen, mit welchem sich in der Schweiz wohnhafte Spielerinnen und Spieler effektiv vom Spielen ausgeschlossen werden, um von der Sperrliste gelöscht zu werden (z.B. durch aktive Kontrolle des Wohnsitzes des Spielers durch entsprechenden Nachweis). Ein reines Geo-Blocking reicht entgegen den Ausführungen in der Botschaft zum BGS nicht mehr aus.
3. Anmerkungen der Autoren:
Gemäss Art. 86 Abs. 2 BGS wird der Zugang zu Spielen gesperrt, die nicht bewilligt sind und von der Schweiz aus zugänglich sind.
Gleichzeitig hält Art. 87 Abs. 2 fest, dass eine Einsprache gegen eine Sperrung namentlich dann erhoben werden könne, wenn die Veranstalterin das betroffene Angebot aufgehoben oder den Zugang dazu in der Schweiz mit geeigneten technischen Massnahmen unterbunden habe. Der Wortlaut des BGS zielt somit auf das Territorium der Schweiz ab und will verhindern, dass Personen, die sich auf dem Territorium der Schweiz befinden, auf in der Schweiz nicht bewilligte Online-Spielangebote zugreifen können. Die Botschaft bestätigt dieses Gesetzesverständnis, indem das «Blocking des Zugangs zu den Inhalten aus der Schweiz durch Geo-Blocking» explizit als ausreichende Massnahme zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben aufgeführt wird (Botschaft zum BGS, BBl 2015 8476). Von diesem Wortlaut ist das Bundesgericht abgewichen und hat den Anwendungsbereich des BGS mit dem Verweis auf dessen Schutzzweck ausgedehnt.
Im Resultat mag man dem Bundesgericht je nach politischer Geisteshaltung zustimmen. Der Ausschluss von ausländischen Anbietern von Online-Spielangeboten vom Schweizer Markt lässt sich in der Tat noch konsequenter umsetzen, wenn diese bereits geblockt werden, wenn sich Spieler mit Wohnsitz in der Schweiz registrieren können. Der historische Gesetzgeber hat indes eine andere Regelung vorgesehen, womit sich die Frage stellt, inwieweit es Aufgabe des Bundesgerichts ist, bereits we-nige Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes mittels Auslegung legiferierend tätig zu werden. Darüber hinaus führt der Entscheid des Bundesgerichts letztlich dazu, dass Spieler mit Wohnsitz in der Schweiz ganz generell gesperrt werden, unabhängig davon, ob sie sich zum Zeitpunkt des Zugriffs von den Online-Spielangeboten auf einen ausländischen Online-Anbieter in der Schweiz oder im Ausland befinden. Auch eine solche – faktisch extraterritoriale – Wirkung des BGS wurde vom historischen Gesetzgeber nicht vorgesehen.