Durch die Verabschiedung der KFZ-Verordnung überführt der Bundesrat die bestehende KFZ-Bekanntmachung nahezu unverändert auf die Ebene einer Verordnung. Die KFZ-Verordnung wird ab dem 1. Januar 2024 wirksam.
Die Motion 18.3898 Pfister vom 14. März 2022 forderte einen strikteren Vollzug des Kartellgesetzes im Kraftfahrzeughandel. Die Forderung an den Bundesrat, die «Bekanntmachung über die wettbewerbsrechtliche Behandlung von vertikalen Abreden im Kraftfahrzeugsektor («KFZ-Bekanntmachung»)» der Wettbewerbskommission («WEKO») verbindlich zu machen, hat das Potenzial einer bedeutsamen Entwicklung.
Die KFZ-Bekanntmachung der WEKO aus dem Jahr 2015 wurde in der Vergangenheit als wirksames Instrument zur Bekämpfung von Wettbewerbsabreden im Schweizer Automobilmarkt eingesetzt. Sie legte für Unternehmen verschiedener Marktstufen (bspw. eine Herstellerin und eine Händlerin bzw. eine Werkstatt) dar, welche Formen von Wettbewerbsabreden als qualitativ schwerwiegende Wettbewerbsbeeinträchtigungen qualifiziert werden. Mittels der KFZ-Bekanntmachung versuchte die WEKO insbesondere den Praktiken vor allem internationaler Hersteller entgegenzuwirken, die teilweise versuchten unabhängige Werkstätten in der Schweiz vertraglich an sich zu binden, und damit den freien Wettbewerb einzuschränken.
Die KFZ-Bekanntmachung hatte unverbindlichen Charakter. Die Bekanntmachungen der WEKO diente primär als Orientierungshilfe bei der Anwendung des Kartellgesetzes und entfaltete weder vor Verwaltungs- noch vor Zivilgerichten Bindungswirkung. Hier setzte die Motion Pfister an und verlangte eine verbindliche Regelung durch den Bundesrat.
Die Antwort des Bundesrats erfolgte mit der Medienmitteilung vom 29. November 2023. Die Verabschiedung der Verordnung über die wettbewerbsrechtliche Behandlung von vertikalen Abreden im KFZ-Sektor markiert den Übergang zu einer verbindlichen KFZ-Verordnung ab dem 1. Januar 2024. Der Bundesrat beabsichtigt dabei, die Regeln der KFZ-Bekanntmachung ohne wesentliche inhaltliche Änderungen zu übernehmen, jedoch mit Anpassungen an die zunehmende Digitalisierung und Elektrifizierung von Fahrzeugen.
Neu sind beispielsweise Beschränkungen des Zugangs zu fahrzeuggenerierten Daten und (Original-)Ersatzteilen, welche insbesondere für unabhängige Werkstätten bei der Reparatur- und Wartung von Fahrzeugen bestimmter Marken unerlässlich sind, als qualitativ schwerwiegende Wettbewerbsbeeinträchtigung definiert. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass Fahrzeughersteller eine monopolistische Position einnehmen und sichergestellt wird, wo und mit welchen Teilen er die Reparatur seines Fahrzeugs durchführen lassen möchte.
Der rasante Wandel im Automobilvertrieb, vorangetrieben durch technologische Fortschritte, könnte nun für Vertriebsgeberinnen aufgrund der KFZ-Verordnung neue und anspruchsvolle Herausforderungen bei Anpassungen ihrer Vertriebssysteme darstellen. Die hohen Anforderungen der KFZ-Verordnung sowie ihre vergleichsweise starre Struktur könnte Anpassungen an die Marktentwicklungen erschweren. Händlerinnen und unabhängige Werkstätten könnten hingegen von der gesteigerten Rechtssicherheit und erleichterten Durchsetzbarkeit Nutzen ziehen.
Die Verabschiedung der KFZ-Verordnung ist ein bedeutender Schritt im Schweizer Wettbewerbsrecht in der Automobilbranche.
Mit der heutigen Medienmitteilung (7. Dezember 2023) publizierte die WEKO nun auch ihre Erläuterungen zur KFZ-Verordnung. Die Erläuterungen dienen als Auslegungshilfe und treten gemeinsam mit der Verordnung per 1. Januar 2024 in Kraft.
Die Erläuterungen können hier abgerufen werden: 85113.pdf (admin.ch)
Wir empfehlen den in der Schweiz operierenden Vertriebsgeberinnen und Händlerinnen von Automobilen, zu überprüfen, ob ihre Positionierung, insbesondere im Kontext ihrer Vertriebsverträge, mit den Vorgaben der neuen KFZ-Verordnung konform sind oder ob Anpassung erforderlich sind.
Bei Fragen zur Umsetzung steht Ihnen das Wettbewerbsteam von MME gerne zur Verfügung.