Die Delegation der «Staking-Funktion» von Token ist für die MWST als steuerbare Dienstleistung des Token Inhabers an den Validator zu qualifizieren. Eine entsprechende Rulinganfrage wurde von der ESTV positiv bestätigt.
Neuere Blockchain-Protokolle verwenden – anstelle des von Bitcoin oder Ethereum bekannten Proof-of-Work-Algorithmus (auch «Mining» genannt) – einen Proof-of-Stake-Algorithmus und ermöglichen es damit den Inhabern von Token, als Validator am Konsensusmechanismus teilzunehmen und dafür eine Belohnung (Staking Rewards) zu erhalten.
Statt selbst als Validator am Netzwerk teilzunehmen, ermöglichen die Protokolle den Inhabern von Token meist auch die entsprechende «Staking-Funktion» des Tokens (d.h. die technische Möglichkeit zur Teilnahme am Konsensusmechanismus) an andere Validatoren zu delegieren. Auf diese Weise stehen dem Validator die «Staking-Funktionen» der delegierten Token zur Erhöhung seines eigenen Stakes zur Verfügung und unterstützen diesen dabei, seine eigene Validierungstätigkeit erfolgreicher ausüben zu können.
Validatoren, die sich für eine Delegation öffnen möchten, können dazu oft einen speziellen «Staking Pool» Smart Contract erstellen. Im entsprechenden Smart Contract definiert der Validator die Entschädigung an den Token Inhaber für seine Delegation. Die delegierten Token bleiben dabei jederzeit unter der Kontrolle des Token Inhabers, sodass der Validator – ausser für die Nutzung der «Staking-Funktion» für seine eigene Validierungstätigkeit – keine Möglichkeit hat, anderweitig über die Token zu verfügen oder andere Funktionalitäten zu nutzen. Die Verteilung der neu geschaffenen Token an den Validator und delegierenden Token Inhaber erfolgt automatisiert gemäss den Vorgaben im Smart Contract.
Von der hier beschriebenen technischen Möglichkeit zur Delegation der «Staking-Funktion» zu unterscheiden ist die Übertragung von Token an Anbieter von Verwahrungsdienstleistungen (sog. Custody Wallet Anbieter), die entweder auf eigenen Wallets Kundenguthaben in virtuellen Währungen annehmen und Konten führen oder auf segregierten Wallets die fremden Token von Kunden verwalten, und gleichzeitig Dienstleistungen im Zusammenhang mit Staking anbieten.
Die folgenden Grundlagen sind für die beschriebene Problemstellung von Relevanz:
Wie oben ausgeführt, überlässt der Inhaber von Token bei der Delegation per Smart Contract seine «Staking-Funktion», d.h. die technische Möglichkeit zur Teilnahme am Konsensusmechanismus, einem Validator zur Nutzung für dessen eigene Validierungstätigkeit. Entsprechend ist die Delegation der «Staking-Funktion» grundsätzlich als steuerbare Dienstleistung (Art. 3 lit. e Ziff. 1 MWSTG) des Token Inhabers an den Validator zu qualifizieren. Eine im MWSTG vorgesehene Steuerausnahme für die vorliegende Leistung ist dabei nicht ersichtlich.
Da der Token bei einer Delegation der «Staking-Funktion» jederzeit unter der Kontrolle und somit im «Besitz» des Inhabers verbleibt, ist diese insbesondere von der Übertragung an Anbieter von Verwahrungs- und Verwaltungsdienstleistungen abzugrenzen, stellt aber auch keinen Umsatz im Bereich des Geld- und Kapitalverkehrs dar.
Hinsichtlich des Leistungsorts kommt mangels einer besonderen Ortsbestimmungsregel das Empfängerortsprinzip zur Anwendung (Art. 8 Abs. 1 MWSTG). Die entsprechenden Leistungen unterliegen somit nur dann der Schweizer MWST, falls der Validator als Leistungsempfänger im Inland domiziliert ist.
Eine entsprechende Rulinganfrage betreffend ein spezifisches Projekt wurde von der Eidgenössischen Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, positiv bestätigt.
Da der Inhaber von Token bei der Delegation per Smart Contract seine «Staking-Funktion», d.h. die technische Möglichkeit zur Teilnahme am Konsensusmechanismus, einem Validator zur Nutzung für dessen eigene Validierungstätigkeit überlässt, ist die Delegation der «Staking-Funktion» für die Mehrwertsteuer grundsätzlich als steuerbare Dienstleistung des Token Inhabers an den Validator zu qualifizieren.
Von der Delegation der «Staking-Funktion» zu unterscheiden ist die Übertragung von Token an Anbieter von Verwahrungsdienstleistungen (sog. Custody Wallet Anbieter), die entweder auf eigenen Wallets Kundenguthaben in virtuellen Währungen annehmen und Konten führen oder auf segregierten Wallets die fremden Token von Kunden verwalten, und gleichzeitig Dienstleistungen im Zusammenhang mit Staking anbieten. Je nach Ausgestaltung liegen hier mehrwertsteuerlich steuerbare Dienstleistungen (z.B. Verwahrung, Staking-as-a-Service, etc.) oder ausgenommene Dienstleistungen im Bereich des Geld- und Kapitalverkehrs (z.B. Kontoführung, Zins, etc.) des Custody Providers vor.
Tritt eine Partei schliesslich selbst als Validator auf, wird die Validierungstätigkeit für die Mehrwertsteuer als steuerbare Dienstleistung qualifiziert, sofern nicht nur ein Block-Reward, sondern auch eine Transaktionsgebühr vereinnahmt wird. Ein alleiniger Block-Reward ist dagegen nach der Praxis der Steuerbehörden ein Nicht-Entgelt.
Es bestehen betreffen mehrwertsteuerliche Qualifikation von Transaktionen in dezentralen Netzwerken jedoch noch viele offenen Fragen, so zum Beispiel ob bei einer Validierungstätigkeit der einzelne Versender der validierten Transaktion oder aber das kybernetische System als Ganzes als Leistungsempfänger gelten, welche Leistungsverhältnisse als elektronischen Dienstleistungen qualifizieren, oder wie in einem dezentralen Netzwerk ein Leistungsort festgestellt werden kann.
Wir empfehlen daher, jeden Sachverhalt detailliert auf die spezifischen Mehrwertsteuerfolgen hin zu prüfen. Gerne stehen wir Ihnen dafür zur Verfügung!