22. März 2024

Die Schweiz und der Lachgas-Rausch – eine rechtliche Einordnung

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Narkose, Schlagrahm, Motortuning oder Partydroge: Lachgas wird in der Schweiz vielseitig verwendet. Doch wie ist Lachgas (N2O) rechtlich einzuordnen?

  • Daniel Haymann

    Legal Counsel

Medizinisches und technisches Lachgas

Lachgas mit der chemischen Bezeichnung «Dickstoffoxid» oder «Dickstoffmonoxid» (N2O) hat in den letzten Jahren in der Schweiz zunehmend mehr Aufmerksamkeit erlangt. Dabei rückt jedoch nicht seine medizinische Anwendung als Anästhetikum oder seine Verwendung in der Lebensmittelindustrie in den Mittelpunkt, sondern vielmehr die Verwendung als Partydroge. In Bars, Clubs oder an privaten Partys inhalieren Personen Lachgas aus Ballons, um sich für kurze Zeit zu berauschen, da es halluzinogene und betäubende Eigenschaften aufweist. In geringen Dosen gilt Lachgas grundsätzlich als unbedenklich. Jedoch kann bei höheren Konzentrationen und Mengen eine schädliche Wirkung auf den menschlichen Organismus auftreten.

Die rechtliche Einordnung von Lachgas variiert je nach Verwendungszweck und Unterscheidung zwischen medizinischem und technischem Lachgas. Medizinisches Lachgas untersteht dem Heilmittelrecht und ist bewilligungspflichtig. Technisches Lachgas hingegen wird durch das Chemikalien- und Lebensmittelrecht geregelt.

Rechtlicher Rahmen für technisches Lachgas

Lachgas ist ein Stoff im Sinne des Chemikalienrechts. Das Chemikalienrecht kommt aber nur dann zur Anwendung, wenn es nicht vom Lebensmittelrecht erfasst wird. Dies ist dann der Fall, wenn Lachgas gewissen Lebensmitteln aus technologischen Gründen bei der Herstellung, Verarbeitung oder Zubereitung zugeführt wird. Das Lebensmittelrecht definiert Lachgas dann als zulässigen Lebensmittelzusatzstoff (E 942), der in einer Menge verwendet werden darf, welche nicht grösser ist, als zur Erzielung der gewünschten Wirkung erforderlich und die Verwendung für die Konsumenten nicht täuschend ist. So wird Lachgas zum Beispiel als Treibgas für das Aufschäumen von Rahm verwendet (Schlagrahmbläser).

Wird Lachgas hingegen in der Automobilindustrie oder anderen technischen Bereichen ausserhalb der Lebensmittelindustrie verwendet, greift das Chemikalienrecht.

Stoffe dürfen nach dem Chemiekaliengesetz nur für die vom Hersteller angegebenen Zwecke angepriesen, angeboten und abgegeben werden. Sie dürfen ausserdem nicht für Verwendungen angepriesen werden, für die sie nicht in Verkehr gebracht werden dürfen. Weil das Chemikalienrecht aber keine Missbrauchsgesetzgebung ist, kann der Konsum selbst nicht geahndet, sondern nur die Abgabe sanktioniert werden. Lachgas ist ferner kein Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelrecht, weshalb auch die Sanktions- und Verbotsnormen des Betäubungsmittelgesetzes nicht anwendbar sind.

Weiterverkauf und Direktkonsum von technischem Lachgas

Gaskartuschen oder Industriegasbehälter mit Lachgas sind in der Schweiz relativ einfach erhältlich und können in zahlreichen (Online-)Shops uneingeschränkt gekauft werden. Die Hersteller geben die Verwendungszwecke des Gases dieser Behälter an. Es handelt sich dabei um Zusatzstoffe für die Weiterverarbeitung zu Endprodukten. Es sind keine Fertigerzeugnisse, welche für die direkte Inhalation durch den Menschen bestimmt sind. Dennoch wird Lachgas aus diesen Behältern verwendet, um Ballons zu füllen, die unmittelbar an Endkonsumenten abgegeben oder verkauft werden. Die Konsumenten inhalieren daraus das Lachgas in unverändertem Zustand. Das Gas wird damit keinem Lebensmittel zugeführt, sondern direkt inhaliert. Diese Abgabe zur Direktinhalation von Lachgas ist zweckfremd und verstösst gegen die Chemikaliengesetzgebung. Der Weiterverkauf und die Abgabe können sanktioniert werden, der Konsum selbst ist allerdings nicht strafbar.

Gesetzgeberische Aktivitäten

Infolge mehrerer Interpellationen auf Bundesebene in den letzten Jahren wurde der Bundesrat damit beauftragt, die Situation von Lachgas als Partydroge zu analysieren. Der Bundesrat kam dabei jeweils zum Schluss, dass die Problematik von Lachgas als Partydroge nur marginal sei und es insbesondere keine zusätzliche Prävention bedürfe. Gerade im Vergleich zum Konsum anderer legaler und illegaler Substanzen sei der Konsum gering. Weiter hielt der Bundesrat fest, dass aufgrund der weit verbreiteten Verwendung von Lachgas in der Medizin oder in der Nahrungsmitteltechnik eine Klassifizierung von Lachgas im Betäubungsmittelrecht oder gar ein Lachgas-Verbot weitreichende Folgen hätte. Solche Massnahmen seien angesichts des relativ marginalen Missbrauchs von Lachgas allerdings aus Sicht der öffentlichen Gesundheit unnötig und somit unverhältnismässig.

Auch auf Kantonsebene gibt es Bestrebungen, Lachgas als Partydroge zu verbieten. So hat der Kanton Basel-Stadt Bars und Clubs verboten, die Abgabe von Lachgas zu Inhalationszwecken zu verbieten. Gegen dieses Verbot des kantonalen Gesundheitsdepartement ging eine Basler Bar vor, deren Rekurs gerichtlich abgewiesen wurde. Die gegen den Abweisungsentscheid erhobene Beschwerde der Bar ist beim Bundesgericht hängig.

Das Gesundheitsrechtsteam von MME steht Ihnen bei Fragen rund um Lachgas und weitere Themen des Gesundheits-, Heilmittel- oder Chemikalienrecht gerne zur Verfügung. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.