11. Juni 2024

Ehemalige Inhaberaktien können im Nachhinein für nichtig erklärt werden

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Was passiert, wenn ehemalige Inhaberaktionäre nach der Umwandlung ex lege nicht alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen haben?

  • Andreas Rudolf

    Legal Partner
  • Dr. Sabrina N. Weiss

    Legal Associate

Beziehungsweise was passiert, wenn ehemalige Inhaberaktionäre nach der Umwandlung ex lege nicht alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen haben?

1. Was bisher geschah…

Seit dem 1. November 2019 sind Inhaberaktien mit zwei Ausnahmen nicht mehr zulässig und alle am 1. Mai 2021 noch bestehenden Inhaberaktien wurden von Gesetzes wegen in Namenaktien umgewandelt.

Inhaberaktien sind nur noch zulässig, wenn die Gesellschaft ihre Beteiligungspapiere (i) an einer Börse kotiert oder (ii) sie als Bucheffekten ausgestaltet und diese wiederum bei einer von ihr bezeichneten Schweizerischen Verwahrungsstelle hinterlegt oder im Hauptregister eingetragen sind. In allen anderen Fällen sind Inhaberaktien nach neuem Recht unzulässig. Für Gesellschaften, die ihre Inhaberaktien nicht bis spätestens am 30. April 2021 freiwillig in Namenaktien umgewandelt haben, erfolgte die Umwandlung per 1. Mai 2021 von Gesetzes wegen.

2. Welche Pflichten bestanden?

Die ex lege in Namenaktien umgewandelten Inhaberaktien sind Gegenstand des vorliegenden Beitrags. Grund dafür sind die vorgesehenen Pflichten und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für diese ehemaligen Inhaberaktien.

Vor der Umwandlung ex lege bis zum 30. April 2021 musste der Erwerb von Inhaberaktien der Gesellschaft innert Monatsfrist gemeldet werden (GAFI-Meldepflicht i.S.v. Art. 697i OR). Kamen die Inhaberaktionäre ihrer Meldepflicht nicht nach, blieben sie der Gesellschaft unbekannt wobei nicht gemeldete Inhaberaktionäre ihre GAFI-Meldung noch innerhalb der Übergangsfrist – d.h. bis zum 30. April 2021 – nachholen konnten.

Mit der Umwandlung ex lege musste die Gesellschaft ein neues Aktienbuch erstellen und die ehemaligen Inhaberaktionäre als Eigentümer der neuen Namenaktien in das Aktienbuch eintragen. Dabei musste die Gesellschaft vermerken, für welche Aktien im Zeitpunkt der Umwandlung die GAFI-Meldepflicht nicht erfüllt war (sog. Negativmeldung).

Fehlte eine solche GAFI-Meldung konnten sich die ehemaligen Inhaberaktionäre, deren Inhaberaktien ex lege in Namenaktien umgewandelt wurden, ab dem 1. Mai 2021 nicht mehr direkt bei der Gesellschaft melden, um ins Aktienbuch eingetragen zu werden. Sie mussten bzw. müssen zuerst die Zustimmung der Gesellschaft einholen und anschliessend ihre Meldepflicht bis zum 31. Oktober 2024 beim zuständigen Gericht nachholen.

Einem solchen Antrag des Aktionärs wird vom Gericht stattgegeben, wenn er seine Aktionärseigenschaft nachweisen kann. Die Vorlage eines Aktienzertifikats genügt nicht, vielmehr muss der Aktionär z.B. einen Zeichnungsschein oder eine Zessionserklärung vorlegen. Sofern die Gesellschaft die Eintragung verweigert, kann der Aktionär seine Eintragung nur klageweise durchsetzen. In diesem Fall ruhen selbstverständlich die Mitgliedschaftsrechte des Aktionärs und seine Vermögensrechte verwirken.

Dies noch bis am 31. Oktober 2024 laufende Frist muss unbedingt eingehalten werden, denn …

3. Was passiert sonst?

… kommt der ehemalige Inhaberaktionär seine GAFI-Meldepflicht bis zum 31. Oktober 2024 nicht nach, werden seine Aktien per 1. November 2024 von Gesetzes wegen nichtig (Annullierung der Aktien). Die nichtigen Aktien werden durch eigene Aktien ersetzt und die Gesellschaft kann über diese frei verfügen. Der ehemalige Inhaberaktionär kann für die Annullierung seiner Aktien bis zum 31. Oktober 2034 lediglich einen Anspruch auf Entschädigung (Schadenersatz) gegenüber der Gesellschaft geltend machen. Dazu muss der Aktionär seine Aktionärseigenschaft per 1. November 2024 nachweisen und sich vom Vorwurf des Verschuldens der Fristversäumung exkulpieren.

4. Fazit

Die Auswirkungen dieser einschneidenden Folgen sind nicht absehbar und können ad absurdum zu unmöglichen Konstellationen führen. So wäre eine Ein-Mann/Frau-Aktiengesellschaft plötzlich Eigentümerin aller ihrer Aktien, was rechtlich unzulässig ist. Für den vermutlich seltenen Fall, dass ehemalige Inhaberaktionäre, deren Aktien ex lege in Namenaktien umgewandelt wurden und die ihrer GAFI-Meldepflicht bis heute nicht nachgekommen sind, ist ihnen dringend zu empfehlen, ihre Aktionärseigenschaft umgehend bzw. vor dem 1. November 2024 im Aktienbuch eintragen zu lassen.

Bei Fragen und Unterstützung in Bezug auf die Durchführung der nötigen Statutenänderung stehen Ihnen die Anwälte und Notare von MME selbstverständlich sehr gerne zur Verfügung.