13. April 2021

Grenzüberschreitende Dienstreisen – was gilt betreffend die Anrechnung der Arbeitszeit

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Mit der Änderung der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz hat der Bundesrat insbesondere die Anrechenbarkeit der Arbeitszeit bei grenzüberschreitenden Dienstreisen geregelt. Lesen Sie in diesem Beitrag, welchen Regelungsbedarf sich dadurch für Sie und Ihr Unternehmen ergibt.

  • Michèle Stutz

    Legal Partner

Mit der Revision der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1) bezweckt der Bundesrat, die bisher gelebte Praxis in die Verordnung zu überführen sowie Präzisierungen, insbesondere betreffend Arbeitszeitberechnung bei grenzüberschreitenden Dienstreisen, vorzunehmen. Lesen Sie nachfolgend das Wesentliche über die Änderungen sowie möglichen Handlungsbedarf für Sie oder Ihre Arbeitgeberin:

Die wichtigste Änderung betrifft grenzüberschreitende Dienstreisen der Arbeitnehmerin:

  • Der neu eingeführte Abs. 3bis von Art. 13 ArGV 1 sieht vor, dass wenn sich Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Tätigkeit ins Ausland begeben, die Zeit, die für die in der Schweiz zurückgelegte Hin- und Rückreise eingesetzt wird, 2grundsätzlich als Arbeitszeit gilt. Findet die Hin- oder Rückreise ganz oder teilweise in der Nacht oder an einem Sonntag statt, bedarf die Beschäftigung des Arbeitnehmers während dieser Arbeitszeit keiner Bewilligung. Der neue Absatz regelt somit einerseits, welche Zeit an die Arbeitszeit anrechenbar ist und andererseits, dass in diesem Zusammenhang keine Bewilligung für Nach- und Sonntagsarbeit nötig ist.
  • Als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitsgesetzes gilt grundsätzlich jene Zeit, die sich die Arbeitnehmerin zur Verfügung der Arbeitgeberin zu halten hat. Darin nicht eingeschlossen ist Zeit, die für den Arbeitsweg an den vertraglich vereinbarten Arbeitsort benötigt wird (Art. 13 Abs. 1 ArGV 1). Muss die Arbeitnehmerin an einem anderen als dem vertraglich vereinbarten Arbeitsort arbeiten, stellt die zusätzlich für den Arbeitsweg aufgewendete Zeit Arbeitszeit dar (Art. 13 Abs. 2 ArGV 1).
  • Art. 13 Abs. 3bis ArGV 1 hält nun fest, dass im Fall von grenzüberschreitenden Dienstreisen jene Zeit als Arbeitszeit gilt, die in der Schweiz zurückgelegt wird. Irrelevant ist, welches Verkehrsmittel von der Arbeitnehmerin benutzt wird. Von der aufgelaufenen Arbeitszeit abzuziehen ist, analog zu Art. 13 Abs. 2 ArGV 1 die Zeit, die für den normalen Arbeitsweg benötigt würde.
  • Unmittelbar nach der Rückkehr von der Dienstreise an den Wohnort hat die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin die arbeitsgesetzliche Ruhezeit von elf Stunden (Art. 15a Abs. 1 ArG) zu gewähren (Art. 13 Abs. 3 ArGV 1).
  • Da das schweizerische Arbeitsgesetz nur Sachverhalte regeln kann, die sich auf dem Gebiet der Schweiz abspielen, ist die Dienstreisezeit im Ausland nicht Gegenstand dieser Regelungen. Hierzu müssen Arbeitgeberin und Arbeitnehmerin selbst Regelungen treffen, sofern einer solchen Vereinbarungen keine zwingende, ausländische Vorschrift oder GAV/NAV-Regelung entgegensteht. Solche individuellen Vereinbarungen können z.B. in Form von Weisungen in einem Reglement erlassen werden.
  • Die Arbeitgeberin muss keine Bewilligung für Nacht- und Sonntagsarbeit einholen, selbst wenn die grenzüberschreitende Dienstreise an einem Sonntag oder in der Nacht stattfindet (Art. 13 Abs. 3bis zweiter Satz ArGV 1). Dass keine Bewilligung benötigt wird, hat indessen keinen Einfluss auf die Lohn- oder Zeitzuschläge, die für Nacht- und Sonntagsarbeit geschuldet sind (insbesondere Art. 17 und 19 ArG).

Zudem wurden folgende Konkretisierungen neu in die ArGV 1 aufgenommen:

  • Art. 16 Abs. 1 ArGV 1 legt fest, dass die Arbeitswoche jeweils am Montag, um 0.00 Uhr, beginnt und am Sonntag, um 24.00 Uhr, endet. Diese Definition ist ausschlaggebend für Bestimmung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit im Sinne von Art. 9 ArG.
  • Als vorübergehende Sonntagsarbeit im Sinne von Art. 19 Abs. 3 ArG gelten Einsätze an höchstens sechs Sonntagen, wobei gesetzliche Feiertage inbegriffen sind (Art. 32a Abs. 1 ArGV 1). Wenn sich nun im Verlaufe eines Kalenderjahres herausstellt, dass die Arbeitnehmerin mehr als sechs Sonntage arbeiten muss – und damit dauernd oder regelmässig Sonntagsarbeit im Sinne von Art. 19 Abs. 4 ArG leistet - hat die Arbeitgeberin den Lohnzuschlag in der Höhe von 50% für die ersten sechs Sonntage dennoch auszurichten.

Bei Fragen rund um die Änderungen der per 1. November 2020 in Kraft getretenen ArGV 1 stehen Ihnen unsere Experten von MME gerne telefonisch oder persönlich zur Verfügung.