17. Oktober 2024

Keine extraterritoriale Ausweitung der Schweizer Sanktionen

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Der Bundesrat verschärft die Sanktionen gegen Russland, verpflichtet Personen und Unternehmen in der Schweiz jedoch nicht dazu, die Einhaltung der Schweizer Sanktionen durch Tochtergesellschaften im Ausland sicherzustellen.

  • Dr. Kiril R. R. Haslebacher

    Legal Associate

Der schweizerische Bundesrat hat am 16. Oktober 2024 nach einer detaillierten Prüfung beschlossen, die sektoriellen Massnahmen des 14. Sanktionspakets gegen Russland, welches die Europäische Union am 24. Juni 2024 erlassen hat, zu übernehmen, um damit deren Wirkung zu verstärken. Dadurch werden mitunter Massnahmen im Güterbereich (insb. Exportbeschränkungen oder die Wiederausfuhr nach Russland von Rechten des geistigen Eigentums und Geschäftsgeheimnissen) weiter verschärft. Im Finanzbereich werden weitere Sanktionsmassnahmen mit dem Ziel, Russlands Geldflüsse zur Finanzierung seiner Rüstungsmaschinerie zu kappen, erlassen (inkl. Schaffung einer Rechtsgrundlage für Transaktionsverbote betreffend Einrichtungen, die Krypto-Dienstleistungen anbieten und Transaktionen zur Unterstützung der russischen Rüstungsindustrie ermöglichen.

Interessant ist, dass sich der Bundesrat entschieden hat, die von der EU im Rahmen des 14. Sanktionspakets eingeführte Verpflichtung für Wirtschaftsbeteiligte, wonach diese sicherzustellen haben, dass ihre in Drittstaaten niedergelassenen Tochtergesellschaften die Sanktionsmassnahmen der EU nicht untergraben (Art. 8a Verordnung [EU] Nr. 833/2014), materiell nicht zu übernehmen. Der genannte Artikel der EU weitet, die Sanktionsmassnahmen der EU extraterritorial aus, indem (natürliche und juristische) Personen in der EU „nach besten Kräften“ dafür sorgen müssen, dass ihre Tochterunternehmen ausserhalb der EU sich ebenfalls an die EU-Sanktionen halten. Eine solche extraterritoriale Ausweitung von Schweizer Sanktionsrecht widerspricht dem Territorialitätsprinzip und erscheint nicht durchsetzbar, zumal Tochtergesellschaften im Ausland an die dortigen Rechtsordnungen (und nicht an Schweizer Recht) gebunden sind.

Darüber hinaus erscheint unklar, welche Massnahmen die EU zur Umsetzung von Art. 8a Verordnung (EU) Nr. 833/2014 von Personen mit Sitz/Wohnsitz in der EU erwartet, was also mit sich nach besten Kräften bemühen bzw. undertake their best efforts gemeint ist. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die Verpflichtung einer schweizerischen Muttergesellschaft, die Einhaltung der Schweizer Sanktionsmassnahmen durch ihre in einem Drittstaat niedergelassene Tochtergesellschaft sicherzustellen, mit dem in der Schweiz geltenden Paritätsprinzip, wonach jedem Organ unentziehbare Kompetenzen zukommen, kollidieren würde, da die Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Regimente und Weisungen, gemäss Art. 716a Abs. 1 OR dem Verwaltungsrat (und nicht dem Aktionär) übertragen ist. Darüber hinaus ist die Erfüllung einer solchen Bestimmung, d.h. die Einhaltung ausländischer Sanktionen, in Staaten wie Russland oder China ausdrücklich verboten.

Wie der Bundesrat in seiner Medienmitteilung vom 16. Oktober 2024 schreibt, können und werden Handlungen von Schweizer Unternehmen, welche ihre Tochtergesellschaften zur Umgehung von Sanktionen missbrauchen, bereits nach geltendem Recht strafrechtlich verfolgt. Dies bestätigen mehrere Untersuchungen des SECO im Zusammenhang mit mutmasslichen Sanktionsverstössen von Schweizer Unternehmen via Tochterunternehmen im Ausland sowie die Übernahme eines solchen Verfahrens durch die Bundesanwaltschaft.

Da eine extraterritoriale Ausweitung der Schweizer Sanktionen sowohl dem Territorialitäts- als auch dem Paritätsprinzip widersprechen würde, einer schweizerischen Muttergesellschaft die rechtlichen Mittel zur Durchsetzung einer solchen Bestimmung fehlen würde und die Schweiz bereits nach geltendem Sanktionsrecht die Mittel hat, Sanktionsumgehungen über Tochtergesellschaften zu verfolgen, und dies auch aktiv tut, besteht kein Anlass die entsprechende Regelung der EU zu übernehmen. Der Entscheid des Bundesrates ist in dieser Hinsicht zu begrüssen.

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