Aktionäre einer AG haben spezifische Rechte in der Generalversammlung. Dieser erste Teil der Serie erklärt die Informationsrechte: Einsichtsrecht, Auskunftsrecht und das Recht auf Sonderuntersuchung.
Jeder Aktionär ist berechtigt, an der Generalversammlung vom Verwaltungsrat Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft und von der Revisionsstelle Auskunft über die Durchführung und Ergebnis ihrer Prüfung zu verlangen. In der Praxis ist hierfür eine vorgängige schriftliche Anfrage durch den Aktionär sinnvoll und empfehlenswert.
Aktionäre, die zusammen mindestens 10% des Aktienkapitals oder der Stimmen vertreten, können auch ausserhalb einer Generalversammlung schriftlich Auskunft verlangen. Der Verwaltungsrat hat innerhalb von vier Monaten den Begehren zu entsprechen und die Antworten an der nächsten Generalversammlung zur Einsicht aufzulegen.
Die Aktionäre haben das Recht, Informationen über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu erhalten, die zur Ausübung ihrer Aktionärsrechte erforderlich sind. Hauptsächlich wird es dabei um Informationen über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Gesellschaft gehen. Aber auch die Verhältnisse von Tochtergesellschaften innerhalb eines Konzerns, können Gegenstand des Auskunftsrechts sein. Auskunftsbegehren gegen Treu und Glauben, z.B. in der Absicht der Gesellschaft zu schaden, müssen vom Verwaltungsrat nicht beantwortet werden. Auch muss das Begehren hinreichend konkret sein: sogenannte fishing expeditions sind nicht zulässig.
Grenzen des Auskunftsrechts sind die Geschäftsgeheimnisse oder andere schützenswerte Interessen der Gesellschaft. Bei Verweigerung der Auskunft muss der Verwaltungsrat dies entsprechend schriftlich begründen. Die Aktionäre können sich dann innerhalb von 30 Tagen an das Gericht wenden, um die Anordnung der Auskunft zu verlangen (Art. 697b OR).
Aktionäre, die zusammen mindestens 5% des Aktienkapitals oder der Stimmrechte vertreten, haben das Recht, Einsicht in die Geschäftsbücher und Akten der Gesellschaft zu nehmen. Der Verwaltungsrat hat die Einsicht innerhalb von vier Monaten nach Eingang der Anfrage zu gewähren.
Gegenstand des Einsichtsrechts sind alle schriftlichen Unterlagen, die für eine Beurteilung der Lage der Gesellschaft von Bedeutung sind bzw. sich auf das von der Einsicht verlangenden Aktionär bezeichnete Geschäft beziehen. Eingeschränkt wird das Einsichtsrecht – wie auch das Auskunftsrecht – von der Wahrung der Geschäftsgeheimnisse und anderer schützenswerter Interessen der Gesellschaft.
Aktionäre, die das Auskunfts- oder das Einsichtsrecht bereits ausgeübt haben, können der Generalversammlung beantragen, bestimmte Sachverhalte durch unabhängige Sachverständige untersuchen zu lassen, sofern dies zur Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich ist. Entspricht die Generalversammlung dem Antrag, kann die Gesellschaft oder jeder Aktionär innert 30 Tagen dem Gericht beantragen, einen Sachverständigen zu bezeichnen, der die Untersuchung durchführt.
Entspricht die Generalversammlung dem Antrag nicht, können die Aktionäre, die zusammen mindestens 5% bei börsenkotierten Gesellschaften bzw. 10% bei nicht börsenkotierten Gesellschaften des Aktienkapitals oder der Stimmrechte vertreten, innerhalb von drei Monaten beim Gericht die Anordnung einer Sonderuntersuchung beantragen. Das Gericht ordnet die Sonderuntersuchung an, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Gründer oder Organe Gesetz oder die Statuten verletzt haben und dadurch die Gesellschaft oder die Aktionäre geschädigt wurden.
Die Kosten der Sonderuntersuchung gehen zu Lasten der Gesellschaft. Sofern die antragstellenden Aktionäre jedoch wider Treu und Glauben gehandelt haben, kann ihnen das Gericht die Kosten auferlegen.
Eine Sonderuntersuchung dient insbesondere der Vorbereitung weiterer Aktionärsklagen wie der Rückforderungsklage nach Art. 678 OR oder einer Verantwortlichkeitsklage nach Art. 754 ff. OR. Entsprechend stehen die Verjährungsfristen dieser Klagen während der Anordnung und Durchführung der Sonderuntersuchung still (Art. 678a Abs. 1 Satz 2 OR bzw. Art. 760 Abs. 1 Satz 2 OR).
Informationen sind entscheidend für die Ausübung der Aktionärsrechte. Ohne Kenntnis der Vorgänge im Unternehmen kann der Aktionär keine fundierten Entscheidungen treffen. Es besteht jedoch ein Spannungsverhältnis zwischen den Rechten der Aktionäre und dem berechtigten Interesse der Gesellschaft, Geschäftsgeheimnisse und andere vertrauliche Informationen zu schützen, da der Aktionär nicht an Treue- oder Geheimhaltungspflichten gebunden ist. Daher verfügt der Verwaltungsrat über einen Ermessensspielraum, bei dessen Missbrauch bzw. ungerechtfertigte Verweigerung der Informationsrechte das Gericht aufgerufen werden kann.
Das Gesellschaftsrechtsteam von MME berät Sie gerne zu sämtlichen Fragen und Massnahmen in Zusammenhang mit Informationsrechten von Aktionären.
Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
Klicken Sie hier um mehr über unsere Expertise zu erfahren: