14. Juli 2021

Rückkehr nach Deutschland – Besteuerung von Renten aus Schweizer Vorsorge

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Sind Sie aus beruflichen oder privaten Gründen in die Schweiz gezogen und planen im Rentenalter die Rückkehr nach Deutschland? Der nachfolgende Beitrag gibt Ihnen einen Überblick über die steuerlichen- und sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen.

  • Dr. Hagen Luckhaupt

    Senior Tax Advisor
  • Christoph Rechsteiner

    Tax Partner

Sind Sie aus beruflichen oder privaten Gründen in die Schweiz gezogen und planen im Rentenalter die Rückkehr nach Deutschland? Der nachfolgende Beitrag gibt Ihnen einen Überblick über die steuerlichen- und sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen.

Besteuerungsrecht Deutschlands

Grundsätzlich führt der Umzug nach Deutschland dort zur unbeschränkten Steuerpflicht. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf das weltweit erzielte Einkommen. Infolgedessen unterliegen auch die Einkünfte aus dem Schweizer Vorsorgesystem der deutschen Einkommensteuer. Das Besteuerungsrecht Deutschlands wird grundsätzlich auch nicht durch das DBA Deutschland/Schweiz beschränkt.

Im Detail

Schweizer Quellensteuer

Kapitalleistungen aus dem privatrechtlichen Vorsorgesystem unterliegen stets der Quellensteuer in der Schweiz. Da das DBA Deutschland/Schweiz das Besteuerungsrecht Deutschland zuweist, kann die Quellensteuer innert drei Jahren nach Fälligkeit zurückgefordert werden. Gleichs gilt grundsätzlich auch für Rentenzahlungen. Wird jedoch bei Rentenzahlungen der Nachweis erbracht, dass die Rentenzahlung dem zuständigen deutschen Finanzamt bekannt ist, kommt es zu einer ungekürzten Auszahlung. In der Praxis wird ein solcher Nachweis regelmässig durch eine Wohnsitzbestätigung erbracht. Bei Rentenleistungen aus dem öffentlich-rechtlichen Vorsorgesystem bleibt hingegen das Besteuerungsrecht der Schweiz erhalten. Das DBA Deutschland/Schweiz weist das Steuerungsrecht in diesem Fall der Schweiz zu.

1. Säule (AHV): Staatliche Vorsorge

Leistungen aus der 1. Säule sind mit der deutschen gesetzlichen Sozialversicherungsrente vergleichbar und werden infolgedessen wie Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteuert. D. h. Einkünfte aus der 1. Säule sind in Abhängigkeit des Renteneintrittsalters mit dem sogenannten Besteuerungsanteil zu versteuern. Erfolgt beispielsweise die erste Rentenzahlung 2032, werden 92% der Zahlung zur Besteuerung herangezogen. Die verbleibenden 8% können steuerfrei vereinnahmt werden. Werden hingegen bereits 2020
(Renten-)Zahlungen bezogen, unterliegen lediglich 80% der Besteuerung und 20% der Zahlung sind von der Einkommensteuer befreit. Mit dem Anstieg des Besteuerungsanteils wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung seit 2005 als sogenannte Sonderausgaben von den steuerbaren Einkünften abgezogen werden können (Einführung der nachgelagerten Besteuerung).

2. Säule (BVG): Unterschiedliche Behandlung von Obligatorium und Überobligatorium

Innerhalb der 2. Säule , also der beruflichen Vorsorge, ist zwischen der gesetzlichen Mindestversicherung (Säule 2a: Obligatorium) und der weitergehenden Vorsorgeverpflichtung aufgrund des jeweiligen Reglements (Säule 2b: Überobligatorium) zu unterscheiden. Die Beitragszahlungen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers an eine Vorsorgeeinrichtung erfolgen durch den Arbeitgeber für das Obligatorische und das Überobligatorische im Regelfall in einem Betrag. Die Vorsorgeeinrichtungen führen hingegen für ihre Versicherten individuelle Alterskonten. Infolgedessen ist es durch eine „Schattenrechnung“ möglich, eine Aufschlüsselung der Beiträge vorzunehmen.

Säule 2a: Obligatorium

Zahlungen aus der Säule 2a qualifizieren für Zwecke der deutschen Besteuerung regelmässig als Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Soweit die Rentenzahlung in Form einer Leibrente erbracht wird, ist diese mit dem massgebenden Besteuerungsanteil anzusetzen (vgl. Säule 1).

Werden Leistungen aus der Säule 2a in Form einer Kapitalabfindung geleistet, gilt dies grundsätzlich entsprechend. Wurden jedoch vor 2005 für mindestens zehn Jahre Beiträge oberhalb der jeweils gültigen Beitragsbemessungsgrenze geleistet, kann die auf diese Beiträge entfallende Rente auf Antrag auch in Höhe des pauschalen Ertragsanteils besteuert werden (sogenannte Öffnungsklausel, siehe Besteuerung Überobligatorium). Darüber hinaus besteht bei einer Kapitalabfindung die Möglichkeit einer Steuerbegünstigung (sogenannte Fünftel-Regelung), wenn die entsprechenden (zusätzlichen) Voraussetzungen erfüllt sind.

Säule 2b: Überobligatorium

Auszahlung als Leibrente

Soweit Leistungen aus dem Überobligatorium als Leibrenten erbracht werden, unterliegt (lediglich) der massgebende Ertragsanteil der Besteuerung. Der Ertragsanteil gibt in pauschalierter Form den Zinsanteil des Auszahlungsbetrags wieder und ist abhängig vom Alter des Begünstigten bei Rentenbeginn. Ist der Steuerpflichtige bei Beginn des Rentenbezugs bspw. 60 Jahre alt, beträgt der Steuerpflichtige Ertragsanteil 22%. Die verbleibenden 78% können steuerfrei bezogen werden.

Auszahlung als Kapitalabfindung

Soweit das Überobligatorium in Form einer Kapitalabfindung geleistet wird, handelt es sich aus Sicht der deutschen Einkommensteuer um sogenannte «Einkünfte aus Kapitalvermögen». Besteuert wird nur die Differenz zwischen der Auszahlung und der Summe der geleisteten Beiträge (Bemessungsgrundlage). Insoweit unterliegen die Einkünfte dem gesonderten Steuertarif (Abgeltungssteuer) in Höhe von 25%.

Erfolgt die Kapitalabfindung nach Vollendung des 60. Lebensjahres und nach Ablauf von 12 Jahren nach Vertragsabschluss, wird die Bemessungsgrundlage nochmals um die Hälfte reduziert. Für Vertragsabschlüsse ab 2012 ist insoweit das 62. Lebensjahr massgeblich. Die Einkünfte werden dann jedoch nach dem Normaltarif besteuert.

Säule 3a

Leistungen aus der Säule 3a werden grundsätzlich wie eine Kapitalabfindung aus dem Überobligatorium behandelt. Die jeweiligen steuerlichen Folgen sind jedoch im Einzelfall zu prüfen.

Steuerliches Ergebnis

Einzahlungen in das Schweizer Vorsorgesystem reduzieren als «Allgemeine Abzüge» das steuerbare Einkommen. Die spätere Auszahlung ist in Deutschland u. U. steuerlich (erheblich) begünstigt. Der frühzeitige Aufbau einer (freiwilligen) Vorsorge in der Schweiz kann also zu einer erheblichen Steuerersparnis führen, auch wenn geplant ist, nach Abschluss der Karriere wieder nach Deutschland zurückzukehren.

Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen

Neben den steuerlichen Konsequenzen sollten bei der Rückkehr nach Deutschland aber auch die sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen berücksichtigt werden. Von den verschiedenen Zweigen der deutschen gesetzlichen Sozialversicherung stellt sich im Alter die Frage der Versicherungs- und Beitragspflicht lediglich für die Kranken- und Pflegeversicherung. Beiträge zu den weiteren Zweigen der Arbeits- und Rentenversicherung sind dann zumindest nicht mehr zu leisten.

Versicherungspflicht

Vor der Beurteilung der Beitragspflicht der laufenden und ggf. einmaligen Einnahmen (z.B. bei Kapitalabfindungen) ist zunächst die Versicherungspflicht des Rückkehrers zu klären. Seit dem Beitritt der Schweiz zu den sozialversicherungsrechtlichen Koordinierungsregelungen der Europäischen Union ist dabei auch bei einer Rückkehr nach Deutschland sichergestellt, dass die Versicherungspflicht entweder in der Schweiz oder in Deutschland besteht und damit eine Doppelversicherung vermieden werden kann. Bei Bezug einer schweizerischen Rente im Zeitpunkt der Rückkehr bleiben im Grundsatz die schweizerischen Regelungen weiterhin anwendbar. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht aber auch die Option zum Wechsel in das deutsche Sozialversicherungssystem. Kann und wird von dieser Option Gebrauch gemacht, so ist nach mittlerweile gesetzlicher Vorgabe auch ein ausreichender Krankenversicherungsschutz bei der Rückkehr nach Deutschland nachzuweisen. Ob dies in Form einer privaten Krankenversicherung erfolgen kann/muss oder vielmehr eine Einbeziehung in das gesetzliche System der gesetzlichen Krankenversicherung (ggf. in Form der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung) erfolgt, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls erfordert und ggf. auch bei einer rechtzeitigen Gestaltung noch massgeblich zu Gunsten des Rückkehrers beeinflusst werden kann. Hingegen wechselt die Zuständigkeit nach dem Willen des Gesetzgebers aber zum Wohnsitzstaat (beim Rückkehrer dann Deutschland), wenn dieser auch vom deutschen Träger eine Rente tatsächlich bezieht, so dass das ggf. gewünschte Ergebnis auch über eine Antragstellung bei der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht werden kann. Dabei sollte auch der Ehegatte/Lebenspartner nicht unberücksichtigt bleiben. Auch hier hält das deutsche Sozialversicherungssystem bspw. mit der kostenfreien Familienversicherung Besonderheiten bereit, die bspw. bei geringem oder fehlendem Einkommen des Ehegatten/Lebenspartners zu dessen Absicherung genutzt werden können.

Beitragsbemessung

Die Einordnung in die jeweilige Versicherungspflicht hat dabei weitreichende Konsequenzen für die Frage, welche Einnahmen des Rückkehrers der Beitragspflicht unterliegen, d.h. in welcher Höhe Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten sind. Denn während die privaten Krankenversicherungsunternehmen die Prämien nach den jeweiligen biometrischen Risiken bemessen, werden in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung die Beiträge unter Berücksichtigung der beitragspflichtigen Einnahmen erhoben. Dabei ist der Katalog der beitragspflichtigen Einnahmen bei gesetzlich Pflichtversicherten im Vergleich zu den freiwillig gesetzlich Versicherten deutlich beschränkt. Bei Letzteren wird die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Beitragsbemessung herangezogen, so dass etwa auch Dividenden und Zinsen Berücksichtigung finden. Allerdings gilt es an dieser Stelle hervorzuheben, dass die Beiträge nur maximal bis zur sog. Beitragsbemessungsgrenze erhoben werden können, so dass selbst bei sehr hoher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit der Maximalbeitrag regelmässig noch überschaubar bleibt. So liegt für 2021 die Beitragsbemessungsgrenze der Kranken- und Pflegeversicherung bei monatlich EUR 4.837,50.

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Dr. Joachim Reichenberger.

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