Das revidierte Gesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG), die Verordnung über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMV) und die Verordnung über die Erstellung von DNA-Profilen im Zivil- und im Verwaltungsbereich (VDZV) traten am 1. Dezember 2022 in Kraft. Diese umfassen neue Kategorien sowie zusätzliche Bestimmungen für Gentests.
Aufgrund der grossen Fortschritte im Bereich der genetischen Forschung und der medizinischen Diagnostik werden immer mehr Gentests im medizinischen Bereich, aber auch ausserhalb der Medizin, entwickelt. Letztere werden meistens kommerziell angeboten und waren bislang kaum reguliert. Um diese Entwicklungen zu berücksichtigen und Missbräuche vorzubeugen, wurde das GUMG, die GUMV und die VDZV revidiert und die Revision trat am 1. Dezember 2022 in Kraft.
Genetische Tests untersuchen das menschliche Erbgut und werden in der Regel durchgeführt, um gesundheitliche Fragen (z.B. Erbkrankheiten oder Krankheitsveranlagungen) zu beantworten oder Verwandtschaftsverhältnisse (z.B. Vaterschaft) zu klären. Sie können bei der Diagnose, Behandlung oder Vorbeugung gewisser Krankheiten hilfreich sein und beispielsweise Antworten auf folgende Fragen liefern: Wie gut reagiert mein Körper auf ein bestimmtes Medikament? Hat mein ungeborenes Kind eine Erbkrankheit oder eine Chromosomenstörung?
Vor diesem Hintergrund können sich vor oder nach genetischen Tests heikle soziale, ethische und psychische Fragen stellen. Die Bedeutung und Verwendung von Gentests wächst nicht nur im medizinischen Bereich. Vielmehr wird ein immer stärker wachsendes Spektrum dieser Tests auch ausserhalb der Medizin entwickelt und anschliessend ohne die ärztliche Verordnung verwendet. So gibt es beispielsweise Gentests, welche die sportliche Veranlagung eruieren oder helfen sollen, die Ernährung zu optimieren. Es handelt sich hierbei um sogenannte «direct-to-consumer»-Tests (DTC-Tests). Diese werden ohne persönliche sowie fachliche Begleitung im Internet als Selbsttest-Kits angeboten und das Ergebnis wird anschliessend online zur Verfügung gestellt. Dies kann insofern problematisch sein, weil nicht alle angebotenen DTC-Tests zuverlässige Resultate liefern und ein besorgniserregendes Testresultat regelmässig Folgefragen generiert. In den meisten Fällen sind die DTC-Gentests in der Schweiz verboten, aber im Internet findet man ungeachtet davon viele Angebote ausländischer Firmen.
Vor der Revision des GUMG war der Geltungsbereich des Gesetzes auf Gentests im medizinischen Bereich beschränkt. Deshalb war unklar, ob die Gentests ausserhalb des medizinischen Bereichs, welche somit nicht vom GUMG geregelt wurden, überhaupt zulässig waren. Mit der Revision wurde der Geltungsbereich ausgeweitet. Dies ermöglicht Missbräuche vorzubeugen und den Schutz der Persönlichkeit zur gewährleisten.
Da Gentests verschiedene genetische Merkmale untersuchen, werden sie auch unterschiedlich stark reguliert. So versteht sich von selbst, dass ein grosser Unterschied besteht, ob mittels Gentests eine Erbkrankheit ausgeschlossen werden oder die passende Diät bestimmt werden soll. Das bedeutet auch, dass einige Informationen sensibler und dementsprechend schützenswerter sind als andere. Für die ersteren gelten deshalb auch strengere Regeln. Zudem werden im Gesetz die Tests von kleinen Kindern oder anderen urteilsunfähigen Personen eingeschränkt, indem sie nur durchgeführt werden dürfen, wenn sie medizinisch notwendig sind. Bei der Verwendung von Gentests für die Erstellung von DNA-Profilen und im medizinischen Bereich gelten die höchsten Anforderungen.
Mit der Revision wurde der Personenkreis, welcher Gentests im medizinischen Bereich veranlassen darf, vergrössert. Bisher durften Gentests nur von Ärzten angeordnet werden. Neu können auch Zahnärzte im Bereich der Zahnmedizin, Apotheker im Bereich der Pharmazie und Chiropraktiker im Bereich der Chiropraktik ausgewählte medizinische Gentests anordnen. Zudem gilt neu für genetische Laboratorien im medizinischen Bereich eine zusätzliche Akkreditierungspflicht. Das revidierte Gesetz bestimmt auch Regelungen im Bereich der pränatalen Diagnostik, d.h. mit den Untersuchungen bei einem ungeborenen Kind. Solche Gentests dürfen nur gemacht werden, wenn sie die Gesundheit betreffen. Tests, die lediglich das Geschlecht abklären, dürfen nicht vorgenommen werden, wenn es nicht für die Diagnose einer Krankheit dient. Darüber hinaus sieht die Revision vor, dass die Eltern eines ungeborenen Kindes erst nach der 12. Schwangerschaftswoche über dessen Geschlecht informiert werden dürfen.
Das neue GUMG verbietet Herstellern und Anbietern für Gentests zu medizinischen Zwecken und für pränatale Untersuchungen Werbung in der Öffentlichkeit zu machen. Davon ausgenommen ist Werbung von Herstellern und Anbietern von genetischen Untersuchungen an Fachpersonen, die zur Veranlassung genetischer Untersuchungen befugt sind (d.h. Ärzte, Zahnärzte, Chiropraktiker und Apotheker).
Wie bereits angemerkt, gibt es immer mehr genetische Tests auch ausserhalb des medizinischen Bereichs, welche neu mit den Revisionsänderungen ebenfalls geregelt werden. Im Gesetz werden zwei Kategorien von genetischen Tests ausserhalb des medizinischen Bereichs unterschieden. Die erste Kategorie umfasst Gentests, bei denen aufgrund ihrer sensiblen Daten der Schutz der Persönlichkeit beachtet werden muss. In diese Kategorie fallen zum Beispiel Tests zur ethnischen Herkunft, zum Ernährungsverhalten, Sportlichkeit oder auch zu Eigenschaften wie Intelligenz, Begabung oder Charakter. Solche Gentests müssen neuerdings von einer der nachfolgenden Gesundheitsfachpersonen veranlasst werden: Ärzte, Apotheker, Ernährungsberater, Psychologen, Physiotherapeuten, Drogisten, Chiropraktiker oder Osteopathen. Mit einbezogen sind auch Personen mit anerkannten ausländischen Abschlüssen. Laboratorien, die solche Tests durchführen, müssen neu eine entsprechende Bewilligung haben. Sie müssen jedoch nicht wie im medizinischen Bereich ein Akkreditierungsverfahren durchlaufen.
Die zweite Kategorie beinhaltet Gentests, welche weniger sensible Daten betreffen und somit auch weniger schützenwerte Informationen hervorbringen. Ein Beispiel hierfür wären Genanalysen zur Haarfarbe oder zum Geschmacksempfinden. Deren Veranlassung wird durch das Gesetz nicht eingeschränkt und somit können sie direkt an die Verwender über das Internet angeboten werden. Die einzige zentrale Regel, welche für alle Gentest gilt, bestimmt, dass immer eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegen muss. Dies verbietet heimliche Gentests für Drittpersonen.
Mit der Durchführung eines Gentests zu medizinischen Zwecken erhofft sich die betreffende Person Antworten auf ihre spezifischen Fragen zu bekommen. Es kann allerdings sein, dass die Person einzelne Informationen möchte und andere nicht. Aus diesem Grund hat der Patient das Recht, vor Beginn des genetischen Tests festzulegen, ob und in welchem Umfang ihm überschüssige Informationen mitgeteilt werden dürfen. Er hat somit das Recht auf Wissen, aber auch das Recht auf Nichtwissen. Bei Gentests ausserhalb des medizinischen Bereichs gilt, dass keine überschüssigen Informationen mitgeteilt werden dürfen. Diese Regelung macht insbesondere auch Sinn, weil der Ergebnisumfang oftmals nicht individualisiert bzw. zu Beginn angepasst werden kann und nachfolgend keine persönliche fachliche Begleitung vorliegt.
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