Die mit dem Coronavirus zusammenhängende Quarantänepflicht stellt Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer vor Herausforderungen und wirft Fragen auf. Wir beantworten die drängendsten arbeitsrechtlichen Fragen.
Beitrag zufolge Aufhebung der COVID-Massnahmen nicht mehr aktuell, jedoch für auf die Vergangenheit bezogene Fragen noch von Relevanz.
A: Ganz allgemein gilt auch für die nachfolgenden Fragen: solange der Arbeitnehmer seine Arbeit im Homeoffice verrichten kann, hat er Anspruch auf Lohn. Geht der Arbeitnehmer jedoch in ein „Risikogebiet“ in die Ferien und erlaubt die Tätigkeit kein Homeoffice, ist kein Lohn geschuldet. Der Arbeitnehmer hat unter Umständen sogar mit Sanktionen zu rechnen. Genauso hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Erwerbsausfallsentschädigung.
Q: Gilt das auch für Arbeitnehmer, die sich aufgrund einer Notlage in ein „Risikogebiet“ begeben, z.B. um einen sterbenden Angehörigen zu besuchen?
A: Nein, in diesem Fall ist das Fernbleiben von der Arbeit auf die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers zurückzuführen und ihn trifft kein Verschulden. Daher erachten wir das Risiko der Arbeitgeberin als hoch, dass sie den Lohn auch während der Quarantäne schuldet.
Q: Darf eine Arbeitgeberin einem Arbeitnehmer verbieten, für Ferien in ein „Risikogebiet“ zu fahren?
A: Das Weisungsrecht der Arbeitgeberin erstreckt sich nur in seltenen Fällen auf das Privatleben der Arbeitnehmer. Unter normalen Umständen kann die Arbeitgeberin einem Arbeitnehmer daher nicht verbieten, in ein „Risikogebiet“ zu reisen. Der Arbeitnehmer muss sich aber der Konsequenzen bewusst sein, wenn er es trotzdem tut. Hat die Arbeitgeberin triftige Gründe und wäre dringend auf den Arbeitnehmer angewiesen, sodass eine Quarantäne für die Arbeitgeberin grosse Nachteile mit sich bringt, kann in krassen Fällen gar eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein, wenn sich der Arbeitnehmer trotzdem in ein „Risikogebiet“ begibt, ohne dafür selber triftige Gründe zu haben (gebuchte Ferien sind keine triftigen Gründe).
Q: Ein Arbeitnehmer verbringt seine Sommerferien in einem Land, welches vom BAG nicht als „Risikogebiet“ eingestuft wird. Die Arbeitgeberin möchte jedoch sicher sein und ordnet nach der Rückkehr eine Quarantäne an. Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn?
A: Ja, in solchen Fällen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn, weil die Quarantäne nicht zwingend notwendig ist und durch die Arbeitgeberin angeordnet wird.
Q: Ein Arbeitnehmer reist für die Ferien in ein Land, welches zunächst nicht als „Risikogebiet“ eingestuft wird. Während des Aufenthalts ändert sich dies und der Bund stuft das Land als „Risikogebiet“ ein, so dass der Arbeitnehmer nach seiner Rückkehr in Quarantäne muss. Hat er Anspruch auf Lohn?
A: Die Antwort auf diese Frage ist umstritten und erst allfällige Gerichtsentscheide werden diesbezüglich Klarheit bringen. Unserer Ansicht nach liegt das Risiko in solchen Fällen beim Arbeitnehmer und die Arbeitgeberin ist nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet.
Q: Ein Arbeitnehmer muss geschäftlich in ein „Risikogebiet“ reisen. Darf die Arbeitgeberin eine solche Geschäftsreise vom Arbeitnehmer verlangen?
A: Es muss eine Interessensabwägung gemacht werden. Auf der einen Seite sind die Interessen der Arbeitgeberin zu beachten: wie wichtig ist diese Geschäftsreise, kann sie nicht verschoben werden, sind Videokonferenzen möglich? Auf der anderen Seite der Interessensabwägung steht die Gesundheit des Arbeitnehmers. Es muss bedacht werden, ob der Arbeitnehmer beispielsweise aufgrund von Vorerkrankungen besonders gefährdet ist. Zudem ist nicht jedes Land / jede Region auf der Risikoliste des Bundes gleich stark betroffen. Eine Rolle spielt auch, welche Tätigkeiten während der Geschäftsreise anstehen und welche Aufgaben der Arbeitnehmer generell hat. Eine pauschale Antwort ist nicht möglich. Was sicher gilt: während der Quarantäne nach der Rückkehr schuldet die Arbeitgeberin den Lohn.
Q: Darf eine Arbeitgeberin ihren Arbeitnehmern den Clubbesuch am Wochenende verbieten?
A: Auch hier gilt: das Weisungsrecht der Arbeitgeberin erstreckt sich nur in sehr seltenen Fällen auf das Privatleben. Generell gilt daher dasselbe wie bei der Frage, ob eine Arbeitgeberin Ferien in einem „Risikoland“ verbieten darf (siehe oben): unter normalen Umständen geht das nicht.
Q: Ein Arbeitnehmer ist am Wochenende in einem Club, wo es nachweislich eine mit Covid infizierte Person hatte. Er muss in Quarantäne. Hat er Anspruch auf Lohn?
A: Die Antwort auf diese Frage ist umstritten. Häufig wird unterschieden, ob der Arbeitnehmer trotz Clubbesuch die notwendigen Vorsichtsmassnahmen eingehalten hat oder nicht. Unserer Ansicht nach hat er aber auch für den Fall, dass er sich grundsätzlich vorsichtig verhalten hat, ein hohes Risiko, dass er keinen Lohn erhält, da dieses Risiko nicht die Arbeitgeberin, sondern der Arbeitnehmer trägt.
Q: Kann eine Arbeitgeberin einem Arbeitnehmer kündigen, wenn dieser aufgrund eines Clubbesuchs in Quarantäne muss?
A: Ja. In der Schweiz herrscht der Grundsatz der Kündigungsfreiheit. Das bedeutet, eine Arbeitgeberin benötigt keinen Grund, um eine Kündigung auszusprechen. Die Kündigung darf einfach nicht missbräuchlich sein. Ob sie das ist, kann nur im Einzelfall bestimmt werden.