Die Varianten des Coronavirus breiten sich rasant aus. Arbeitgeber und -nehmer stellt dies vor grosse Herausforderungen und wirft Fragen auf.
Beitrag zufolge Aufhebung der COVID-Massnahmen nicht mehr aktuell, jedoch für auf die Vergangenheit bezogene Fragen noch von Relevanz.
Q: Dürfen Arbeitnehmer Stand heute aus Angst vor einer Ansteckung der Arbeit fernbleiben?
A: Nach dem aktuellen Stand (18. Januar 2022) gilt die Homeoffice-Pflicht gemäss Art. 25 der Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Verordnung besondere Lage). Arbeitgeber müssen immer dort, wo dies aufgrund der Art der Aktivität möglich ist und mit verhältnismässigem Aufwand umsetzbar ist, dafür sorgen, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitspflicht von zu Hause aus erfüllen können. Zudem müssen Arbeitgeber aufgrund ihrer Fürsorgepflicht und gestützt auf die Covid-19-Verordnung besondere Lage die Gesundheit der Arbeitnehmer schützen. In diesem Sinne sind die Weisungen des BAG betreffend Hygiene und Abstand zu befolgen. Z.B. muss am Arbeitsplatz grundsätzlich in allen Innenräumen (auch in Fahrzeugen), in denen sich mehr als eine Person aufhält, jede Person eine Gesichtsmaske tragen. Wo kein Homeoffice möglich ist, haben Arbeitgeber durch die Einsatzplanung darauf zu achten, dass Arbeitnehmer nicht zu Stosszeiten im öffentlichen Verkehr pendeln müssen, in getrennten Teams an den Arbeitsplatz erscheinen oder Masken in Aussenbereichen tragen.
Für Arbeitnehmer, die einer Risikogruppe angehören, muss der Arbeitgeber zudem gestützt auf Art. 27a der Covid-19-Verordnung 3 Homeoffice anordnen oder Massnahmen treffen, um die Einhaltung der Empfehlungen des Bundes betreffend Hygiene und sozialer Distanz sicherzustellen. Wo dies nicht möglich ist, ist zu prüfen, ob dem betroffenen Arbeitnehmer eine gleichwertige Arbeit zugewiesen werden kann, die von zu Hause aus erbracht werden kann. Schliesslich sind die betroffenen Arbeitnehmer unter Lohnfortzahlungspflicht zu dispensieren, wenn bei einer Präsenz am Arbeitsplatz ihre Gesundheit nicht genügend geschützt werden kann. Weiter hat der Arbeitgeber am Arbeitsplatz alle ihm zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Was das beinhaltet, ist von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz verschieden.
In diesem Sinne dürfen gesunde Mitarbeiter, aus blosser Angst vor einer Ansteckung nicht ohne Weiteres der Arbeit fernbleiben, solange Arbeitgeber ihren Pflichten nachkommen.
Q: Kann ein Unternehmen den Betrieb aufgrund der Coronavirus Pandemie schliessen, obwohl es für die Mitarbeiter Kurzarbeitsentschädigungen erhält?
A: Wenn ein Unternehmen aus ökonomischen und gesundheitlichen Gründen den Betrieb schliessen muss, während es für seine Arbeitnehmer Kurzarbeitsentschädiung erhält, verliert das Unternehmen resp. dessen Arbeitnehmer nicht den Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung.
Q: Kann ein Unternehmen, welches aufgrund der Pandemie den Betrieb schliessen musste und Saisonniers beschäftigt, für diese ebenfalls Kurzarbeitsentschädigung beantragen?
A: Im Grundsatz handelt es sich bei Arbeitsverträgen von Saisonniers um befristete Arbeitsverträge. Die Beantragung von Kurzarbeitsentschädigung für Arbeitnehmer mit befristeten Arbeitsverträgen ist normalerweise nicht möglich. Im Rahmen der Vereinfachung und Ausweitung der Kurzarbeitsentschädigung hat der Bundesrat allerdings beschlossen, dass in dieser aussergewöhnlichen Situation auch Arbeitnehmer mit befristeten Arbeitsverträgen unter Umständen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung haben können. Aktuell ist das noch für Unternehmen, die der 2G+-Regel unterliegen, der Fall. Daher kann für Saisonniers in solchen Unternehmen mit typischerweise befristeten Arbeitsverträgen Kurzarbeitsentschädigung geltend gemacht werden.
Q: Wenn mein Betrieb auf behördliche Anordnung hin geschlossen wird, muss ich dann weiterhin Lohn zahlen?
A: Die behördliche Schliessung eines Betriebs fällt nach unserer Ansicht in die Risikosphäre des Arbeitgebers (Betriebsrisiko). Daher haben die Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung. Allerdings ist diese Ansicht umstritten und noch nicht gerichtlich geklärt. Arbeitnehmer können jedenfalls angehalten werden, Überstunden zu kompensieren oder der Betrieb kann Kurzarbeit beantragen, um die Auswirkungen abzufedern.
Q: Kann ein Unternehmen bestimmen, dass die Arbeitnehmer zu Hause bleiben müssen und diese Zeit von deren Feriensaldo abgezogen wird?
A: Wenn vertraglich nichts anderes vereinbart wurde, darf der Arbeitgeber grundsätzlich den Zeitpunkt der Ferien bestimmen. Dabei hat er auf die Wünsche und Bedürfnisse der Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen. Setzt der Arbeitgeber den Zeitpunkt der Ferien fest, so hat er dies genügend im Voraus anzukündigen. Es gilt eine Ankündigungsfrist von mindestens drei Monaten.
Diese Ankündigungsfrist ist grundsätzlich auch in der aktuellen Situation zu beachten. Entscheidet ein Unternehmen kurzfristig, dass Arbeitnehmer zu Hause bleiben müssen, so darf diese Zeit nicht vom Ferienguthaben der Arbeitnehmer abgezogen werden.
Q: Gilt dies auch, wenn aufgrund des Coronavirus der Auftragsbestand derart stark zurückgeht, dass nicht mehr alle Arbeitnehmer voll beschäftigt werden können?
A: Für diesen Ausnahmefall kann der Arbeitgeber Zwangsferien anordnen, die vom Ferienguthaben abgezogen werden können. Sie müssen allerdings auf ein dringliches betriebliches Bedürfnis zurückgehen. Zum Teil wird dabei die Meinung vertreten, solche Ferien dürften auch kurzfristig angeordnet werden können. Mehrere Gerichte haben jedoch entschieden, dass auch für Zwangsferien die dreimonatige Ankündigungsfrist zu berücksichtigen ist.
Das bedeutet, Unternehmen sollten ihren Arbeitnehmern nicht das Ferienguthaben kürzen. Alternativen sind beispielsweise die Anordnung von Homeoffice (wo möglich) oder wenn es aufgrund des Auftragsbestands nicht mehr möglich ist, alle Arbeitnehmer voll zu beschäftigen, Kurzarbeit in Betracht zu ziehen, eventuell in Kombination mit der Kompensation von Überstunden.
Q: Ein Arbeitnehmer hat Ferien gebucht, welche er aufgrund der aktuellen Lage nicht antreten kann. Er möchte nun trotzdem zur Arbeit kommen. Muss ich ihm dies als Arbeitgeber gestatten?
A: Diese Frage ist nicht abschliessend geklärt. Grundsätzlich gilt aber, dass der Arbeitgeber auf dem bereits geplanten Ferienbezug bestehen kann, solange eine Erholung für den Arbeitnehmer noch möglich ist, auch wenn der Arbeitnehmer nicht seinen ursprünglichen Ferienplan verfolgen kann. In der aktuellen Situation (keine Ausgangssperre) dürfte das in der Regel noch der Fall sein. Sollten weitergehende behördliche Massnahmen angeordnet werden, könnte sich diese Einschätzung ändern.
Q: Darf ich als Arbeitgeber die Weisung erteilen, dass Arbeitnehmer ihre Überstunden kompensieren müssen, wenn nicht genügend Arbeit vorhanden ist oder der Betrieb gar geschlossen werden muss?
A: Grundsätzlich ist es so, dass die Kompensation von Überstunden die Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer voraussetzt, und zwar sowohl zum Grundsatz der Kompensation, sowie zu deren Zeitpunkt und zu deren Dauer. Sollte jedoch nicht genügend Arbeit vorhanden sein oder der Betrieb gar geschlossen werden, sind wir der Ansicht, dass der Arbeitgeber ausnahmsweise die Kompensation der Überstunden einseitig anordnen kann. Arbeitnehmer haben auf die Interessen des Betriebs Rücksicht zu nehmen. Es geht nicht an, die Überstunden beispielsweise aufzusparen für Zeiten, in denen der Betrieb wieder besser läuft – dies dürfte rechtsmissbräuchlich sein.
Q: Wenn Arbeitnehmer im Homeoffice arbeiten, muss ich als Arbeitgeber dann das Equipment zur Verfügung stellen (z.B. Laptop, Drucker, Telefon) und für die Telefonkosten aufkommen?
A: Es muss zwischen den Arbeitsgeräten und den Auslagen unterschieden werden. Normalerweise rüstet der Arbeitgeber die Arbeitnehmer mit den nötigen Geräten aus. Nur wo es anders verabredet oder üblich ist, haben die Arbeitnehmer diese Kosten zu tragen.
In Bezug auf die Auslagen hat der Bundesrat in der Covid-19-Verordnung besondere Lage in der Fassung vom Januar 2021 angeordnet, dass Arbeitgeber die gestützt auf diese Verordnung Homeoffice anordnen, den Arbeitnehmern keine Auslagenentschädigungen schulden. Diese Regelung ist in der neusten Version der Verordnung nicht mehr enthalten. Es ist zurzeit unklar, ob dies Absicht ist und für eine Kostenübernahmepflicht spricht oder ob ein Versehen vorliegt.
Für weitere Informationen zum Thema Homeoffice verweisen wir auf unseren Beitrag «Homeoffice während der Pandemie: Empfehlung oder Pflicht? Herausforderungen“.
Q: Führen die Massnahmen des Bundesrats aufgrund des Corona-Virus zu einer Verlängerung der Probezeit?
A: Nein, die Probezeit verlängert sich nicht. Die Aufzählung im Gesetz, wonach es bei einer effektiven Verkürzung der Probezeit infolge Krankheit, Unfall oder nicht freiwillig übernommene gesetzliche Pflicht zu einer Verlängerung kommt, ist abschliessend. Soweit ersichtlich, hat der Bundesrat keine Regelungen erlassen, dass sich die Probezeit aufgrund der ausserordentlichen Lage verlängern würde. Dies wäre sicherlich sinnvoll gewesen, da ohne effektiven Einsatz die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht beurteilt werden kann. War ein Arbeitnehmer tatsächlich krank, verlängert sich die Probezeit jedoch.
Q: Der Stellenantritt eines neuen Arbeitnehmers ist für demnächst geplant. Wegen der Corona-Krise können wir kein richtiges Onboarding sicherstellen bzw. wissen wir nicht, ob wir genügend Arbeit für ihn haben. Können wir den Stellenantritt verschieben?
A: Im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer ist das ohne weiteres möglich. Einseitig geht eine Verschiebung dagegen grundsätzlich nicht. Gilt eine Probezeit (d.h. ist eine solche im Vertrag nicht ausgeschlossen), ist aber eine Kündigung unter Anwendung der kurzen Probezeitkündigungsfrist denkbar. Diese Kündigung kann bereits vor Stellenantritt ausgesprochen werden. Allerdings ist umstritten, ob die Kündigungsfrist bereits vor dem Stellenantritt oder erst mit dem Stellenantritt zu laufen beginnt. Unseres Erachtens beginnt die Kündigungsfrist mit dem Zugang der Kündigung und die Kündigungsfrist kann damit bereits vor dem Stellenantritt ablaufen. Es besteht aber ein Restrisiko, dass ein Gericht anders entscheiden würde und dass für die Zeit der Kündigungsfrist Lohn bezahlt werden muss, obwohl der Arbeitnehmer die Stelle nie antritt.