20. Januar 2025

Reverse Vesting bei Team-Token-Allokationen aus Schweizer Steuersicht

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Mitarbeiterbeteiligungspläne und Team-Token-Allokationen sind ein gängiges Konzept, um sicherzustellen, dass Teammitglieder langfristig am Erfolg eines Projekts beteiligt bleiben. Dabei wird oft ein «Reverse Vesting» angewandt. In der Schweiz hat dieses Modell sowohl für die herausgebende Gesellschaft als auch für die Empfänger steuerliche Implikationen, die sorgfältig geprüft werden müssen.

  • Eric Sutter

    Senior Tax Advisor

Einleitung

Mitarbeiterbeteiligungspläne und Team-Token-Allokationen sind ein gängiges Konzept, um sicherzustellen, dass Teammitglieder langfristig am Erfolg eines Projekts beteiligt bleiben. Dabei wird oft ein «Reverse Vesting» angewandt. In der Schweiz hat dieses Modell sowohl für die herausgebende Gesellschaft als auch für die Empfänger steuerliche Implikationen, die sorgfältig geprüft werden müssen. Dieser Artikel beleuchtet die Funktionsweise von Reverse Vesting sowie die steuerlichen Konsequenzen aus Schweizer Steueroptik.

Was ist Reverse Vesting?

Reverse Vesting beschreibt einen Mechanismus, bei dem Token zwar sofort zugeteilt werden und somit die Verfügungsmacht über die Token bei Zuteilung an den Empfänger übergehen, jedoch in Kombination mit einer Rückkaufsoption der Gesellschaft. Der Rückkauf ist über eine bestimmte Zeitdauer möglich und der Weiterverkauf ist somit während der Laufzeit der Rückkaufsoption eingeschränkt. Die Rückkaufsoption und die damit einhergehende «Sperrung» der Token werden häufig über mehrere Jahre gestaffelt durch einen Vesting-Zeitplan aufgehoben. Dabei müssen Empfänger wie Gründer, Mitarbeiter oder Contractors im Unternehmen bleiben oder bestimmte Leistungen erbringen, damit die Rückkaufsoption verfällt.

Im Fall einer vorzeitigen Trennung oder Nichterfüllung der Bedingungen kann die Gesellschaft, die noch nicht gevesteten Token zurückkaufen. In der Praxis erfolgt der Rückkauf der Token zum ursprünglichen Verkaufspreis des Tokens oder zu einem im Vorhinein definierten Wert.

Steuerliche Konsequenzen für die herausgebende Gesellschaft

Für die herausgebende Gesellschaft ergeben sich folgende steuerliche Überlegungen:

Gewinnsteuerfolgen
Die Gesellschaft muss den Marktwert (Fair Market Value, FMV) der Token zum Zeitpunkt der Zuteilung (d.h. bei Übertragung der Verfügungsmacht) bestimmen. Dieser Wert dient als Grundlage für die steuerlichen Betrachtungen. Dabei sind die folgenden zwei Transaktionen unabhängig voneinander zu beurteilen:

  1. Ausgabe des Tokens: Die Differenz zwischen Verkaufspreis und FMV des Tokens an Gründer oder Mitarbeiter kann als Lohnaufwand oder Vergütung verbucht werden. Bei Contractors qualifiziert die Differenz grundsätzlich als Vergütung für erbrachte Leistungen.

  2. Optionaler Rückkauf: Falls der Token zurückgekauft wird, erfolgt eine analoge umgekehrte Buchung bei der Gesellschaft.

Welche effektiven Gewinnsteuerfolgen sich aufgrund der Zuteilung der Token an Teammitglieder ergeben, muss von Fall zu Fall beurteilt werden und ist insbesondere davon abhängig, ob es sich bei der herausgebenden Gesellschaft um eine AG/GmbH oder um eine Stiftung/Verein handelt und ob die Gesellschaft der ordentlichen Besteuerung unterstellt ist oder das sogenannte Cost Plus 5% Besteuerungsmodell anwenden kann.

Mehrwertsteuerfolgen
Die steuerliche Einordnung von Token-Allokationen in Bezug auf die Schweizer Mehrwertsteuer hängt wesentlich von der Art des allozierten Tokens ab. Die von der ESTV veröffentlichten Token-Qualifikationen, insbesondere die Unterscheidung zwischen Utility, Payment und Asset Token, spielen dabei eine entscheidende Rolle. Besonders bei Utility Token ist zu beachten, dass die Allokation an begünstigte Personen mit steuerrechtlichem Sitz in der Schweiz zu einer Mehrwertsteuerschuld der ausgebenden Gesellschaft führen kann. Ebenso führen Leistungen von Contractors mit steuerrechtlichem Sitz im Ausland und ohne eigene Schweizer Mehrwertsteuernummer, unabhängig von der Token-Qualifikation, zu Mehrwertsteuerschulden (Bezugssteuer) bei der in der Schweiz ansässigen Gesellschaft.

Steuerliche Konsequenzen für die Empfänger

Die Empfänger der Token, seien es Gründer oder Mitarbeiter, müssen folgende Aspekte beachten:

  1. Einkommenssteuer
    In der Schweiz werden Token, welche nicht zum FMV an Gründer und Mitarbeiter verkauft werden, im Umfang der Differenz zwischen Verkaufspreis und FMV als steuerbares Einkommen (d.h. als Dividende oder Lohn) behandelt, sobald sie dem Empfänger wirtschaftlich zufliessen. Im Falle von Reverse Vesting ist dies gemäss gängiger Praxis im Zeitpunkt des Erwerbs des Tokens bzw. bei Zuteilung.

    Der zu versteuernde Wert hängt jedoch davon ab, ob Token sofort verfügbar (d.h. weiterverkauft werden können) oder gesperrt sind. Sperrfirsten sind bei der Bewertung zu berücksichtigen.

    Im Falle eines optionalen Rückverkaufs des Tokens durch die Gesellschaft ist zu berücksichtigen, dass die Differenz zwischen dem aktuellen FMV des Tokens und dem Rückverkaufspreis als Gewinnungskosten in der Steuererklärung als «Minuslohn» durch den Empfänger geltend gemacht werden kann.
  2. Vermögenssteuer
    Sobald die Token in der Verfügungsmacht des Empfänger sind (grundsätzlich bei Zuteilung), unterliegen sie der Vermögenssteuer. Der Bewertungszeitpunkt (bei natürlichen Personen ist dies der 31.12.) und der Marktwert der Token sind hier entscheidend.
  3. Kapitalgewinne
    Falls die Token nach Ablauf des Reverse Vesting verkauft werden, ist ein allfälliger Kapitalgewinn steuerfrei, jedoch ein möglicher Kapitalverlust nicht steuerlich abzugsfähig, sofern die Token im Privatvermögen gehalten wurden. Gewinne im Geschäftsvermögen hingegen sind steuerpflichtig, wobei Kapitalverluste abzugsfähig sind.

Bei Contractors, die ihre Dienstleistungen als natürliche Person anbieten, kommen ebenfalls die obigen Ausführungen zur Anwendung, wobei beim Verkauf kein steuerfreier Kapitalgewinn möglich ist, da die Token bereits als Geschäftsvermögen qualifiziert werden. Bei Contractors, welche ihre Dienstleistungen als juristische Person anbieten, kommen die üblichen handelsrechtlichen Buchführungsregeln zur Anwendung.

Schlussfolgerung

Reverse Vesting ist ein effektives Mittel, um das langfristige Engagement von Teammitgliedern sicherzustellen.

Der Vorteil des Reverse Vesting ist, dass eine mögliche Differenz zwischen FMV und dem Verkaufspreis des Tokens bereits im Zeitpunkt der Zuteilung besteuert wird, und nicht erst, wenn die Vestingbedingungen erfüllt sind.

Nachteilig ist, dass die Steuer im Zeitpunkt der Zuteilung geschuldet ist und die Token in jenem Zeitpunkt noch nicht in Fiat getauscht werden können. Für den Empfänger heisst dies, dass er die die Steuerschuld aus anderem Einkommen oder Erspartem finanzieren können muss.

Nicht immer ist ein Reverse Vesting Token Allokationsplan einem Vesting Token Allokationsplan vorzuziehen. Daher ist eine genaue Analyse des geplanten Tokenallokationsplans sehr empfehlenswert.


Fragen zur Vesting-Periode, Blocking-Periode und Cliff-Periode? Unter folgendem Link (Steuerliche Aspekte der Zuteilung von Token an Teammitglieder) finden Sie unseren Artikel zu diesen Themen.

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